Ein italienisches Fungizid für meine Tomaten
Im Italienurlaub habe ich etwas Neues entdeckt: Ein Fungizid gegen Pilze und Sporen (z.B. Braunfäule). Aufgefallen waren mir die besonders gesund aussehenden Tomatenpflanzen im Garten unseres Appartements – und die blaue Farbe auf den Blättern!
Also habe ich mich mal beim Gärtner, der die Pflanzen angebaut hat, schlau gemacht…
OK, meine fast nicht vorhandenen Italienisch-Kenntnisse machten das aber nicht ganz einfach. Deshalb schickte ich meine Liebste vor, die rausfinden sollte, warum die Blätter so eine blaue Färbung haben. Nach einem längeren Gespräch kam sie zurück und sagte: “Ramato” heißt das und hilft unter anderem gegen Braun- und Krautfäule, besonders, wenn die Tomatenpflanzen ohne Regenschutz im Freiland angebaut werden.
Ich gehe einkaufen – ohne Italienisch zu können
Da dachte ich mir, das muss ich haben. Also fuhr ich ein paar Tage später ins Dörfchen zum Geschäft der so genannten Kooperative, einem Geschäft für Landwirtschaftsprodukte. Dort suchte ich erstmal nach dem ominösen Ramato, fand aber nichts. Bis – ja bis sich ein Angestellter erbarmte, und mir half. Komischerweise verstand er sofort was ich wollte, verschwand in einem Extra-Raum und kam mit einem 1-Kg-Sack zurück.
Bevor er mir das Ding aber gab, fragte er mich, ob ich es für Früchte oder Zierpflanzen brauche. Wortgewandt antwortete ich “Si si, per pommodori”. Daraufhin legte er los, las mir die gesamte Gebrauchsanweisung vor und wie viel Gramm ich auf wie viel Liter Wasser nehmen sollte …
Naja, jedenfalls habe ich jetzt das “italienische Wundermittel” daheim. Meine Liebste hat es sich schon für ihre Rosen geschnappt, demnächst sollen aber auch meine Tomaten damit behandelt werden. Außerdem: Das Mittel wird im biologischen Anbau verwendet, ist also keine Chemiebombe.
10. Juli 2007 07:34
Hallo,
die Blattfarbe auf dem Foto sieht stark nach einem
Kupferhaltigen Mittel aus. Diese sind meines Wissens nach auch im biologischen Anbau zulässig.
Einfach mal auf die Packung(Beipackzettel)nach dem Wirkstoff suchen. Dieser sollte auch in Italien aufgeruckt sein.
Gruß Hans-Jo
10. Juli 2007 08:53
Hallo,
ich habe mich mal kurz bei den Chemikern in unserem Labor informiert.
Ramato besteht aus 29,4 % FOLPET das ist N-(Trichlormethylthio)phthalimid (CAS 133-07-3) Handelsname z.B. FOLPET DG von Syngenta-Agro gegen Pilzkrankheiten an Reben, Obst und Zierpflanzen. Wartezeit bei Obst – 3 WOCHEN !!!
und 17,8 % Rame da Ossicloruro, das ist Kupfer(II)Oxychlorid (CAS 1332-40-7), dies wird gegen Pilzbefall im Obst-, Wein-, Hopfen- und Gemüseanbau eingesetzt. Wartezeit beit Tomaten (Freiland) 7 Tage. Handelsname Kupferspritzmittel FUNGAN (Spiess-Urania) – Daher auch die blaue Farbe auf dem Bild.
Gruß Hans-Jo
10. Juli 2007 10:29
Hallo Hans-Jo,
Danke für die tolle Beschreibung!
Dass es sich um ein Kupfer-hältiges Mittel handelt, habe ich schon vermutet (es steht auch “Rame metallo” als Inhaltsstoff auf der Packung), doch sicher war ich mir bis jetzt noch nicht.
Doch jetzt weiß ich ganz genau, was demnächst die Blätter meiner Tomaten blau färben wird. 🙂
Beste Grüße
Henry
8. September 2007 13:23
Hallo Henry,
habe mich auch mal umgesehen, nach diesem “Wundermittel”. (Obwohl mir ein Kupferpräparat durauch reicht)
Folpet ist aber gar nicht so biologisch wie ich es gehofft habe. Die einzuhaltende Wartezeit ist bei Weinreben 35 Tage, Hopfen 14 Tage, Ein Kombiprodukt ist auch für Bohne, Kohrabi, Salat Zwiebel zugelassen (Wartezeiten min 14-21 Tage, Hopfen hier 10 Tage)
Und hier Infos aus der Zulassung.. (Ach nicht für Hobbygärtner zugelassen und nicht für Tomaten, zumindest in Deutschland)
NN261: Das Mittel wird als schwachschädigend für Populationen der Art Coccinella septempunctata (Siebenpunkt-Marienkäfer) eingestuft.
NO686: Das Mittel wird als schädigend für Regenwurmpopulationen eingestuft.
NW262: Das Mittel ist giftig für Algen.
NW264: Das Mittel ist giftig für Fische und Fischnährtiere.
SB001: Jeden unnötigen Kontakt mit dem Mittel vermeiden. Missbrauch kann zu Gesundheitsschäden führen.
SF189: Das Wiederbetreten der behandelten Flächen/Kulturen ist am Tage der Applikation nur mit der persönlichen Schutzausrüstung möglich, die für das Ausbringen des Mittels vorgegeben ist. Nachfolgearbeiten auf/in behandelten Flächen/Kulturen dürfen grundsätzlich erst 24 Stunden nach der Ausbringung des Mittels durchgeführt werden. Innerhalb 48 Stunden sind dabei der Standardschutzanzug (Pflanzenschutz) und Universal-Schutzhandschuhe (Pflanzenschutz) zu tragen.
SS110: Universal-Schutzhandschuhe (Pflanzenschutz) tragen beim Umgang mit dem unverdünnten Mittel.
SS120: Universal-Schutzhandschuhe (Pflanzenschutz) tragen bei Ausbringung/Handhabung des anwendungsfertigen Mittels.
SS210: Standardschutzanzug (Pflanzenschutz) und festes Schuhwerk (z.B. Gummistiefel) tragen beim Umgang mit dem unverdünnten Mittel.
SS220: Standardschutzanzug (Pflanzenschutz) und festes Schuhwerk (z.B. Gummistiefel) tragen bei der Ausbringung/Handhabung des anwendungsfertigen Mittels.
SS420: Kopfbedeckung aus festem Stoff mit breiter Krempe tragen bei der Ausbringung/Handhabung des anwendungsfertigen Mittels.
Also ich bleib bei meiner Überdachung und für Notfälle Kupferpräparat. So sind meine Tomaten auch heute noch gesund. (Aber wenn das Wetter nicht bald besser & wärmer wir, wachsen die Tomaten rückwärts..)
Bei Rosen könnte es aber ein wirklich gutes Präparat sein.
9. September 2007 21:15
Hallo Reniar,
Danke für die ausführliche Beschreibung. Da brauche ich ja einen Ganzkörperschutz, sollte ich meine Freilandtomaten im nächsten Jahr damit behandeln. 😉
Obwohl ich langsam immer mehr davon abkomme, dieses Mittel einzusetzen. In Italien sagte man mir, dass es im biologischen Anbau einsetzbar sei, aber so richtig wohl fühle ich mich jetzt nicht mehr dabei. Ich glaube, es werden doch nur die Rosen meiner Liebsten damit behandelt werden.
Grüße
Henry
6. August 2008 16:38
Bin zufällig auf diesen Eintrag gestoßen. Da der letzte Eintrag von 09/07 ist, habe ich mich gefragt, ob Du das “verde rame” am Ende eingesetzt hast. Es wäre schade, wenn man Dich durch viele Beschreibungen davon abgehalten hat. Ich lebe in Italien, im Piemont, und wir setzen das Mittel jedes Jahr ein. Für Paprika, Weinreben und natürlich für unsere Tomaten. Es ist das einzige Mittel, dass wir einsetzen, weil wir den Geschmack unserer Früchte nicht verändern möchten. Zu den deutschen Richtlinien kann ich nur sagen: Man benutzt es stark mit Wasser verdünnt, schon die Oma meiner Frau hat es benutzt, ohne Schutzkleidung und sondersgleichen. Mein Garten ist voll mit Würmern, es ist immer eine Freude sie beim umgraben zu sehen. Und unsere Kinder erfreuen sich an den Marienkäfern die auch in unseren Garten rumschwirren. Ich kann dieses Mittel nur empfehlen. Schöne Grüße, Jörg
10. August 2008 21:33
Hallo Jörg,
in Italien setzt man aber auch schon lange Kupferkalk ein. Das ist auch sehr wirkungsvoll. Sind die Tomaten unter Dach, ist es sogar optimal, da es nicht abgewaschen werden kann. Pflanzen werden dann “entstorgt” und nicht kompostiert. Kupfer im Boden bereitet nämlich inzwischen vielen Landwirten Probleme, da die Aufnahme anderer wichtiger Stoffe behindert wird.
Gegen Insekten wirkt das “blaue” Mittel nicht, sondern nur gegen Pilzbefall, daher siehst du auch noch genügend Kleinstlebewesen im Boden.
Die werden evtl. durch ein entsprechendes Insektizid getötet, nicht aber durch ein Fungizid.
Bei kritischem Wetter, als Notnagel ok. Aber regelmäßig würde ich kein Pflanzenschutzmittel ausbringen wollen.
Ich habe bis heute noch nichts gespritzt und habe gesunde Pflanzen und schöne, wohlschmecknende Tomaten. Dach drüber, für Durchzug sorgen, so dass die Pflanzen schnellstmöglich trocken werden können, sollten sie doch mal nass werden. Kupferkalk steht bereit, wenn die Nächte feuchter werden.
Im gewerblichen Anbau sieht die Sache sicherlich anders aus. Aber das Problem mit dem Kupfer im Boden ist inzwischen bekannt. Die Ertäge sinken trotz stärkerer Düngung. Jedes Mittel verursacht halt Wehwehchen
Servus,
Reniar